Von der Strickwarenfabrik zur Wohnanlage
Maselli ist eine Tochterfirma der Strickwarenfirma Philipp Mäser. Hier an diesem Standort in der Sandgasse wurden 40 Jahre lang erfolgreich Pullover und Strickwesten produziert und vertrieben. Als einer der letzten Textilproduzenten im 3 Länder-Eck stellte die Familie Ulmer 2014 die Produktion ein.
Heute finden sie Strickmaschinen im Eingangsbereich zur Wohnanlage. Dem Thema Strick wurde mit Maselli wohnen & leben auch in der Architektur, in der Gestaltung der Fassade Rechnung getragen.
Die Gunst der Stunde genutzt.
Der 1851 geborene Dornbirner Benedikt Mäser trat als kaufmännischer Lehrling in die Weberei Winder, damals die drittgrößte Textilfirma Dornbirns, ein. Bei Baubeginn der Arlbergbahn kündigte er und betrieb nun in Klösterle, später in Langen, eine Kantine sowie einen Laden, um die bis zu 6.000 Bauarbeiter zu versorgen. Nach vier Jahren harter Arbeit am Arlberg hatte er so viel verdient, dass er 1884 in der Dornbirner Kehlerstraße ein Haus und zwei von Hand betriebene Rundwirkstühle kaufen konnte. Damit legte er den Grundstein für die Textilfirma Benedikt Mäser.
Von der Pike auf gelernt.
Benedikt Mäsers zweiter Sohn Philipp, Jahrgang 1892, war das Textilgewerbe in die Wiege gelegt. Mit 16 Jahren machte er beim Vater eine Lehre im Handelsgewerbe. Nach dem frühen Tod des Vaters im Jahre 1912 teilte er sich gemeinsam mit seinem älteren Bruder Herbert die Geschäftsführung. Der Ausbruch des ersten Weltkriegs bedeutete zwar einen Einbruch. Danach gelang es den Brüdern jedoch, die Geschäfte erfolgreich voranzutreiben. 1920 beschäftigten sie schon 13 Mitarbeiter.
Spezialisierung auf Strickerei.
1924 entschieden die Brüder Mäser, das väterliche Unternehmen aufzuteilen: Herbert übernahm die Wirkerei am Standort Kehlerstraße. Philipp kaufte ein Gebäude in der Widagasse 9 und meldete dort das Gewerbe für eine mechanische Strickerei unter seinem eigenen Namen an.
Eine Firma – zwei Marken.
Dass eine Marke Schutz braucht, war Philipp Mäser schon in den 1930er-Jahren klar. 1934 ließ er „Delphin“ für reinwollene Badeanzüge und –hosen schützen. Zwei Jahre später kam die Marke „Philipp Mäser Dornbirn“ für Strickund Wirkwaren aller Art dazu. Entsprechend breit war die in diesen Jahren erzeugte Produktpalette.
Bauliches Zeichen des Aufschwungs.
In der Zwischenkriegszeit boomte die Strickwarenindustrie regelrecht: Philipp Mäser erhöhte die Produktionskapazität und ließ 1934 ein eigenes Fabriksgebäude in der Widagasse 11, also über der Straße, errichten. Der Aufwärtstrend setzte sich auch nach dem zweiten Weltkrieg fort und machte einen Anbau im Jahre 1949 notwendig. Seit 1947 unterstützte Theodor Mäser seinen Vater als Assistent, später übernahm er die Leitung der Strickerei.
Wirtschaftliche Dynamik.
Aushängeschild der starken Vorarlberger Textilwirtschaft in den Nachkriegsjahren war die sog. Export- und Mustermesse in Dornbirn. Den Besuchern der 5. Ausgabe dieser Messe 1953 – unter anderen auch Bundeskanzler Julius Raab – bot das überreiche Warenangebot ein Bild des Fortschritts und wirtschaftlicher Dynamik. Auch Philipp Mäser stellte seine Produkte in einer Koje aus.
Wie eine große Familie.
Wie erfolgreich das Unternehmen in den Jahren des „Wirtschaftswunders“ war, zeigt der Personalstand von 1962: Rund 120 Mitarbeiter produzierten Pullover, Jacken, Westen, Kinderoberbekleidung und Kleinkindwäsche in Flachstrickerei.
Gesellige Betriebsausflüge mit der Eigentümer-Familie – hier Philipp Mäser mit seinem Enkel Klaus Ulmer in vorderster Reihe – stärkten die Zugehörigkeit zum Unternehmen.
Weichenstellung durch Klaus Ulmer.
Mit dem Tod Philipp Mäsers im April 1969 ging eine Ära zu Ende. Klaus Ulmer, erst 26-jährig und nach dem Abschluss seines Volkswirtschaftsstudiums seit 1966 im Unternehmen tätig, übernahm die Geschäftsführung. In den kommenden Jahren setzte er wegweisende Schritte: 1971 eröffnete er eine Näherei im steirischen Breitenfeld. 1978 etablierte er die Marke maselli für die angebotenen Strickwaren, um sich stärker von Produkten aus dem Hause Benedikt Mäser abzugrenzen. Und 1980 übernahm er eine ehemalige Weberei in der Sandgasse 13 und übersiedelte den gesamten Betrieb dorthin. 1984 setzte er einen weiteren Meilenstein: Die neu gegründete Fa. Maselli – Strickmode GmbH kümmerte sich nun um den Vertrieb jener Produkte, die die Fa. Philipp Mäser herstellte.
Die vierte Generation stieg ein.
Ab den 1980er-Jahren schlitterten viele namhafte Textilunternehmen aus Vorarlberg in den Konkurs oder die Insolvenz – Grund war der steigende weltweite Wettbewerbsdruck. Die Fa. Philipp Mäser hingegen behauptete ihre Marktposition weiterhin durch hohe Qualität und laufende Innovationen, ab 1991 mit Unterstützung der vierten Generation: Nach dem Betriebswirtschaftsstudium verantwortete Michaela von 1991 bis 1993 die Bereiche Marketing, PR und Controlling. Ihr Bruder Christian bearbeitete ab 1991 den amerikanischen Markt, war dann Verkaufsleiter für den deutschsprachigen Raum und ab 1992 Geschäftsführer von Maselli. 2004 übernahm er die Geschäftsführung von Philipp Mäser von seinem Vater.
Nachhaltige Umnutzung.
Die Verlagerung der gesamten Produktion nach Rumänien im Jahre 2010 sollte dem gestiegenen Kostendruck entgegenwirken und das Bestehen des Unternehmens mit reduzierter Belegschaft in Dornbirn sichern. Sämtliche Bemühungen waren jedoch vergebens: 2013 kam das endgültige Aus für Philipp Mäser. Derzeit realisiert Mag. Michaela Rümmele, geb. Ulmer, mit ihrem Team ein zentrumsnahes Wohnquartier am ehemaligen Betriebsstandort in der Sandgasse.